GESTALT­­THERAPEU­TISCHER ANSATZ

ANWENDUNG IN DER BERATUNGSPRAXIS

GRUNDLAGEN

Vielfach entstehen unsere Probleme dadurch, dass die aktuelle Wahrnehmung von früheren Erfahrungen überlagert wird: Wir nehmen nicht mehr wahr, was tatsächlich der Fall ist, sondern vielmehr das, was wir erhoffen oder befürchten. Das in der Vergangenheit Erfahrene oder Gelernte wird somit (fast immer) auf das Gegenwärtige projiziert.

Das folgende Fallbeispiel veranschaulicht dies näher:

Ein Mann will ein Bild aufhängen. Den Nagel hat er, nicht aber den Hammer. Der Nachbar hat einen. Also beschließt unser Mann, hinüberzugehen und ihn auszuborgen. Doch da kommt ihm ein Zweifel: Was, wenn der Nachbar mir den Hammer nicht leihen will? Gestern schon grüßte er mich nur so flüchtig. Vielleicht war er in Eile. Vielleicht hat er die Eile nur vorgeschützt, und er hat was gegen mich. Und was? Ich habe ihm nichts getan; der bildet sich da etwas ein. Wenn jemand von mir ein Werkzeug borgen wollte, ich gäbe es ihm sofort. Und warum er nicht? Wie kann man einem Mitmenschen einen so einfachen Gefallen abschlagen? Leute wie dieser Kerl vergiften einem das Leben. Und dann bildet er sich noch ein, ich sei auf ihn angewiesen. Bloß weil er einen Hammer hat. Jetzt reichts mir wirklich. – Und so stürmt er hinüber, läutet, der Nachbar öffnet, doch bevor er “Guten Tag” sagen kann, schreit ihn unser Mann an: “Behalten Sie Ihren Hammer, Sie Rüpel!” (Aus Paul Watzlawick: Anleitung zum Unglücklichsein. 15. Auflage, Piper-TB 4938, München 2009)

Wenn dieses Beispiel auch etwas überspitzt erscheint, dürften viele von uns ähnliche Situationen schon einmal erlebt haben. Es veranschaulicht, wie Selbstwahrnehmung und Erfahrungen die eigenen aktuellen Handlungen beeinflussen können.

An dieser Stelle setzt die Gestalttherapie an, die auch als Konzentrationstherapie über die Wahrnehmung bezeichnet wird.

In der Gestalttherapie geht es also in erster Linie um die Wahrnehmung im Hier und Jetzt, sowie um die Selbstannahme (Eigenliebe) und -verantwortung des einzelnen Menschen. Im Mittelpunkt steht die Bewusstwerdung aller gerade vorhandenen und zugänglichen Gefühle wie Lust, Trauer, Wut und Angst, aber auch Verhaltensweisen, Gedanken und Empfindungen. Dabei werden diese Ausprägungen, die sogenannten „Gestalten“, weder bewertet noch verurteilt. Neben dem bewussten Erkennen (Gewahrsein) und der Akzeptanz jener Gestalten geht es in einem nächsten Schritt darum, dieses Gewahrsein weiterzuentwickeln und zu verfeinern. Wer nämlich besser wahrnimmt, kann besser handeln.

MEINE ARBEITSWEISE

Eine klassische Beratung erfolgt im Gesamtkontext meines Konzeptes. Sie beginnt daher mit Hilfe der psychologisch-astrologischen Analyse. (Lesen Sie hierzu bitte mehr unter “Psychologische Astrologie“.) An diese schließen sich gestalttherapeutische Methoden an, die dazu dienen, Ihre Probleme oder Anliegen näher zu charakterisieren und Ihre Wahrnehmung dafür zu sensibilisieren.

Der darauffolgende Lösungs- und Problembewältigungsansatz wird sowohl durch die psychologisch-astrologisch basierte Beratung als auch durch das gestalttherapeutisch orientierte Coaching umgesetzt. Je nach individueller Thematik liegen die Schwerpunkte stärker auf dem einen oder anderen Analyse- und Bewältigungsansatz. Gegebenenfalls wird auch nur nach einem dieser Ansätze gearbeitet.

Bei der Arbeit nach dem gestalttherapeutischen Ansatz werden verschiedene Techniken und Übungen eingesetzt, die die schrittweise Sensibilisierung Ihrer Innen- und Außenwahrnehmung fördern und Ihnen unbewusste Verhaltensmuster verdeutlichen. So finden Sie einen Zugang zu den neu aufgezeigten Entscheidungsmöglichkeiten. Auf dieser Basis können Sie die gewonnenen Erfahrungen selbst im Alltag anwenden, um schrittweise Ihre Lebenssituation zu ändern und neu zu definieren.

WORAUF BASIERT DER GESTALTTHERAPEUTISCHE ANSATZ?

HINTERGRUND

Gestalttherapie gehört zu den Verfahren der humanistischen Psychologie. Allen gemeinsam ist die Auffassung, dass der Mensch von Geburt an mit den Potentialen für Liebe, Freude, Befriedigung, Gesundheit und Kreativität ausgestattet ist. Die Verwirklichung dieser Potentiale entspricht seinem natürlichen Wachstumswunsch.

Das Menschen- und Weltbild der Gestalttherapie geht von einem ganzheitlichen Konzept der menschlichen Natur aus, in dem Körper, Geist und Psyche eine zusammenhängende Einheit darstellen.

Leben wird in der Gestalttherapie als eine Folge von ständig neu auftauchenden Gestalten begriffen, die danach drängen, geschlossen zu werden. Alle Lebewesen werden von einer „organismischen Selbstregulierung“ gesteuert. Diese Selbstregulierung ist dem Menschen nur im Kontakt mit seiner Umwelt möglich. Nach dieser Theorie sind Störungen immer Störungen im Kontaktprozess des Menschen mit sich und seiner Umwelt. Daher konzentriert sich diese Therapieform darauf, zu ergründen, wie der Kontaktprozess zur Umwelt und zu sich selbst im “Hier und Jetzt” unterbrochen wird und so die Selbstregulierung und den Gestaltbildungsprozess behindert. Wie ist es möglich, den Betroffenen darin zu unterstützen, seine Selbstregulierung zu nutzen, um eine adäquate Antwort auf die Herausforderungen durch die Umwelt zu finden? Dies setzt Bewusstheit, also das Wissen und Erkennen von Wahlmöglichkeiten voraus. 

GESCHICHTE

Die Gestalttherapie wurde Mitte des 20. Jahrhunderts von dem Psychiater Fritz Perls und der Psychologin Laura Perls entwickelt und später von dem Sozialphilosophen Paul Goodman als theoretisches umfassendes Konzept formuliert.

Zuvor wurden die Perls Ende der zwanziger Jahre zu Psychoanalytikern in Deutschland ausgebildet. Unzufrieden mit der klassischen Psychoanalyse, arbeiteten sie in den folgenden Jahren neben ihrer praktischen therapeutischen Arbeit an einer Revision der Psychoanalyse. Sie entfernten sich immer mehr von der klassischen Psychoanalyse und entwickelten in den folgenden Jahrzehnten ein eigenständiges Therapiesystem – die Gestalttherapie.

Diese Theorie und Praxis wurden dann in den USA von den Schülern der Perls verschiedentlich weiterentwickelt und verfeinert.

Anfang der siebziger Jahre kam die Gestalttherapie zurück nach Deutschland. Zunächst wurde sie hauptsächlich in der begleitenden Drogentherapie eingesetzt. Heute hat sie jedoch in fast allen Bereichen des öffentlichen Gesundheitswesens Einzug gehalten.

Es kommt alles wieder, was nicht bis zum Ende gelitten und gelöst wird.”
HERMANN HESSE